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ROUNDUP

Neues von alten Helden und Altbewährtes von neuen Acts

 

Musik ist mein ständiger und treuer Begleiter. So lange schon, dass ich fast gar nicht mehr so weit zurückdenken kann. Und das nicht nur nebenbei. Musik ist mein Lebensinhalt. Sie berührt, tröstet, begeistert, erfreut, interessiert, beschäftigt, unterhält und verzaubert mich. Sie hat mich auch definitiv geprägt. In ihr spiegelt sich mein Inneres wieder. Ist Ausdruck meiner Gefühle. Deshalb bin ich permanent auf der Jagd nach neuer Musik. Entweder von meinen zahlreichen teilweise schon sehr alten Helden bis zu spannenden Neuentdeckungen. Die Quellen dafür sind vielseitig und haben sich im Laufe der Jahrzehnte naturgemäß gewandelt. War man ganz früher noch sehr eingeschränkte Quellen wie das Radio oder die spärlichen Plattengeschäfte angewiesen, so ist es mittlerweile in der digitalen Welt ungleich leichter. Und zugleich schwerer. Sich damit ausführlich zu befassen. Songs, Platten und Bands kommen so schnell, wie sie wieder verschwinden. Es ist nicht allen vorbehalten sich länger oder gar für immer im Kopf, Herzen und Seele gemütlich zu machen.

 

Faszinierend wie schnell sich Hits totspielen, wie rasch eine Platte wieder aus der Playlist verschwindet. Gnadenlos. Und wie bald man sich nach etwas Neuem, nach etwas Besonderem sehnt. Das den Weg nicht unbedingt in die Charts, sondern in die eigene Gefühlswelt schaffen. Zumindest zeitweilig. The next big thing! Kein leichtes Unterfangen, wenn man den Trend beobachtet und seit einiger Zeit schon etwas wegführt von den klassischen Indie Bands mit ihrem Gitarrenpop- und Rock, den ich so sehr goutiere und verehre.

 

Einzelnen Songs gelingt das noch eher, als klassischen Langspielern oder gar Bands. Vom one-hit-wonder zur grandiosen Debut-Platte, über das so schwierige zweite Album, bis zum langjährigen hochwertigen Schaffen und gar Fixpunkt im persönlichen Musikkosmos, ist es wahrlich ein harter und steiniger Weg. Heute mehr denn je, in dieser so atemberaubend schnelllebigen Zeit. Die Verweildauer und Lust am Hören ist ein untrügliches, subjektives und sehr persönliches Qualitätsmerkmal.

 

Manchmal sind es nur schöne Sternschnuppen, die über den hellen, klaren Nachthimmel huschen und schnell wieder verglühen, man sich dennoch sehr an ihnen erfreut. Davon unberührt jedoch das ganze Sternenzelt hell am dunklen Himmel leuchtet. Und ich weiß mittlerweile wo man das Schönste in Ost-Österreich stundenlang anschauen und genießen kann. Am besten mit guter Musik. Lässt mich auch an einen wundervollen Satz vom großen Paulo Coelho denken: „Die Dünen verändern sich mit dem Wind, aber die Wüste bleibt immer die Gleiche. So soll es auch mit unserer Liebe sein“. Und auch mit meiner geliebten Musik.

 

Dass alte Helden nicht mehr regelmäßig mit neuen Werken rausrücken und dabei auch noch selten an die alte Energie und das Besondere heran reichen ist eine etwas traurige, wenn auch nachvollziehbare Tatsache. Allerdings noch mehr der ebenso unvermeidbare Aderlass. Man denke aktuell an Kasabian, die aufgrund persönlicher Probleme des Sängers, und als Kenner der Band kann man sich gut vorstellen was hierbei die Ursache ist, gerade auf unbestimmte, wenn nicht endgültige Zeit auseinandergebrochen sind. Auch der Versuch von Solo Karrieren ist nicht immer von Erfolg gekrönt oder kann äußerst selten an die Energie der ursprünglichen Band heranreichen. Auch wenn mir das Side-Projekt von Kasabian‘s zweiten Mastermind Sergio Pizzorno „The S.L.P.“ (die Initialen seines vollständigen Namens) sehr gut gefallen hat oder auch die letzte Platte von Sänger Kele Okereke, ehemals Bloc Party, ohne diese an deren Höhepunkt auch nur annähernd zu erreichen.

 

Dass man mittlerweile immer mehr in Österreich fündig wird, ist eine sehr schöne Geschichte. Wenn man zum Beispiel den Nino aus Wien hernimmt, der mich nicht nur durch unsere persönliche Verbundenheit so sehr begeistert mit seinen wundervollen Liedern, Texten und Melodien. Der junge Mann, mit hochpoetischer Veranlagung und dem sensationellen spitzbübischen Grinsen und sehr außergewöhnlichen Wiener Schmäh, is a f***ing genius! Ein wahres Genie, das sich schon vielen, aber immer noch zu wenigen hierzulande erschlossen hat. Sodass ich mich immer wieder wundere, warum er nicht öfters im größten Radiosender gespielt wird. Das würde einen Großteil der Masse mit Sicherheit auch gerne mal hören und könnte sich der angesprochene Sender noch mehr selbst beweihräuchern. Entspricht nicht gerade den Grundsätzen eines „alten“ IndieKids, aber würde dem Künstler in seinem Schaffen sehr helfen, die heimische Musikszene weiter beleben und den Menschen da draußen bestimmt gefallen. Von der Überzeugung lass ich mich nicht abbringen. Ich kann mich an ihm einfach nicht satthören und noch weniger verhindern seine grandiosen Verse immer wieder mitzusingen, deren schon so viele in meinem Kopf auswendig herumschwirren und aus mir ständig ausbrechen. Ich liebe Singalongs und Nino ist ein einziger und einzigartiger Singalong.

 

Apropos mitsingen- der Vodoo Jürgens erheitert mich jedes Mal mit seinen originellen und lustigen Songs in feinster Wiener Mundart mit vielen nostalgischen, vom Aussterben bedrohten Ausdrücken. I simply enjoy it.

Auch Pauls Jets verzaubern mich derzeit ständig, ver- und entführen mich dabei mit ihren Märchen für Erwachsene in ein ganz eigenes Traumland.

Darüberhinaus im Moment sehr angesagt die britisch klingende Girls-Combo My Ugly Clementine mit sehr gelungenem Debut und noch schönerer Live EP, bei deren Aufnahme ich kurz vorm bitteren Shut-down sogar persönlich zugegen sein durfte. In Anbetracht dessen und derer, muss uns um die heimische Musik alles andere als Angst und Bange sein, sofern diese MusikerInnen mit viel zu wenig Income für diese großartigen Werke, nicht die Lust und Leidenschaft an ihrer großen Begabung verlieren.

 

Was tut sich sonst im Mutterland der Musik, in dem früher fast wöchentliche neue starke Indie Bands vom wolkenverhangenen Himmel gefallen sind, oder anderswo? Beginnen wir im anderswo und mit der ausgezeichneten Platte von Thees Uhlmann, die sich nicht und nicht aus meinem Player verdrängen lässt und das schon seit geraumer Zeit. Ebenso wie das echt gelungene Comeback der guten alten Strokes, die ich in einem eigenen Beitrag schon ausführlich beschrieben habe. Dann bin ich noch über die neue Platte von The Dears gestolpert und dieser „Stolperer“ war einer der angenehmeren seiner Sorte. Vor allem der leidenschaftliche Sänger, eine Mischung aus Morrissey und Damon Albarn, hat es mir wieder einmal kurzzeitig sehr angetan.

 

Meine vorwiegende Quelle ist natürlich mein Lieblings- Radio-Sender FM4, der mich oft begleitet vor allem an verschlafenen Morgen und Vormittagen im Büro. Zum stundenlangen Studieren von britischen Musikzeitungen bei einem guten Kaffee im Thalia komme ich gar nicht mehr so oft. Von Musiksendern im TV ist auch schon lange keine Rede mehr. Was ist bloß aus den genialen MTV, Viva und GOTV geworden? Traurig. So ist es dann noch dem Internet vorbehalten mich ausreichend mit Infos zu versorgen. Unter anderem das deutsche online Magazin „Tonspion“ mit seinem regelmäßigen und interessanten Newslettern, bei denen sich immer wieder interessante Themen finden und für mich am Wichtigsten stets die aktuellen und kommenden Neuerscheinungen auflistet. Bei einem kurzen Blick darauf blinkt mir unlängst die schlanke Buchstabenfolge The XX entgegen. Wie schön. Hab mich schon länger gefragt, wann diese Band mit der wunderbaren Musik und drei genialen ersten Alben wieder einmal nachlegt. Der Tonspion nährt meine große Hoffnung und freudig erregte Erwartung.

 

Paul Weller, unser guter alter Modfather hat abermals ein formidables Werk auf Tonträger gepresst. Die in die Jahre gekommene und dennoch stets stilsichere Ikone, wird einfach nicht müde sehr gute Musik zu machen. Wahnsinn, wie lange das schon unaufhörlich läuft, von den Anfängen der sensationellen The Jam in den späten Siebziger und frühen Achtzigern und noch über vier Dekaden danach. Apropos Großmeister. Auch meinem großen Helden Morrissey scheint es wieder besser zu gehen und ist er produzierfreudiger denn je, wenn man seine zuletzt an den Tag gelegte Frequenz betrachtet. Und allen Unkenrufen und bösen Justament-Kritikern zum Trotz (und ins Stammbuch geschrieben), ist es dieses Mal wieder eine sehr starke Platte geworden. Sehr vielseitig, umfangreich arrangiert, mit einigen gelungenen Zusätzen und the Moz in alter Form. Sehr dicht, sehr intensiv. Das eine oder andere erinnert an großartige alte Zeiten, zumindest in seiner Solo Zeit. Wie beispielsweise das wunderbare „Knockabout World“ oder „Jim Jim falls“. „I am not a dog on a chain“, nennt sich ein Song und das ganze Album. Logo. Sicher nicht. Wird er nie sein. Gut gebrüllt (und gesungen), wie immer, mein geliebter Mozzer!

 

Auf den Neuling von The Naked and Famous war ich ebenso sehr gespannt. Die neuseeländische Synthie-Combo mit der charismatischen Sängerin mit den sanften und hellen Stimmbändern, die dennoch so laut und widerstandsfähig sein können. Das Feuer ihrer ersten Platten mit ihren jugendlich euphorischen Songs haben sie nach längerer Schaffenspause leider so gar nicht wiederholen können. Vielleicht ein sogenannter „Grower“, der sich erst nach mehrmaligen Hören erschließt. Ich fürchte allerdings nicht.

 

Und dann sind mir zuletzt noch zunehmend die DMA‘s ins Auge gestochen. Die auch in England zur Zeit ziemlich gehyped werden, obwohl oder gerade weil die drei Jungs aus Australien stammen und immerhin schon den dritten Longplayer raushauen. DMA‘s? Das war doch noch was? Richtig. „Lay down“, der flotte gute-Laune-Song, der alle Lebensgeister weckt und ich mit einem lieben, mir sehr nahestehenden und sehr musikbegeisterten Menschen teile, die dieses Lied ebenso liebt. „…Sitting in the morning sun…my thoughts they drift away with you…“. Die neue Veröffentlichung macht mich neugierig und werde ich mir anhören. Und nicht bereuen. Denn schon beim ersten Lied „Appointment“ ein wunderschönes Gefühl erzeugen. Es ist einer dieser Songs, in dem man sich schon beim ersten Hören, nach den ersten Tönen, sofort verliebt. Eine wundervolle Gitarrenmelodie, die sich durch das ganze Lied zieht. Das langsam und verträumt anfängt und zunehmend zu einem leidenschaftlichen und sehr sehnsüchtigen Liebeslied anhebt. So berührend. Ein wundervolles „appointment“ mit meinem romantischen Bezug zur Musik. Das sind die geilsten Songs. Und gerade in Dauerschleife.

 

Auch der Rest sehr gelungen. Verträumter Powerpop wechselt sich mit melodischen Rock N’Roll ab und verschmelzen beide immer wieder ineinander. Oasis und Kasabian, die sie wenig verwunderlich live schon supportet haben, sind hierbei sehr stark raus zu hören. Der Refrain im pyschodelischen Opener „Never before“ würde glatt als Song der berühmt berüchtigten Gallagher Brüder durchgehen, in seiner Gesamtheit aber noch mehr nach Primal Scream klingt. „Hello Girlfriend“ ist wiederum eine feine Mischung aus vorangeführten Mancunians und den grandiosen Placebo. Die geile Single „The Glow“ erinnert noch mehr an Letztgenannte all-time Lieblinge. Dazwischen auch der eine oder andere Discokracher wie „Life is a game changing“, das bis weit zurück zu den alten Pet Shop Boys oder gar die noch genialeren New Order führt, noch mehr an die weniger bekannten Delphic aus der jüngsten Vergangenheit erinnern. Allesamt sicher nicht die schlechtesten Einflüsse.

 

Stampfende Beats, treibende Gitarren, mit ausschweifenden Synthie-loops hinterlegt, dicht arrangiert. Dabei zählt nicht mal ein eigener Drummer zum knappen Band Konstrukt. Hymnische Refrains und ein talentierter Sänger, mit weicher, samtiger und doch sehr ausdrucksstarken Stimme. Große Gesten und  starker Sound für große Stadien oder Open Airs, die da und dort etwas zu glatt produziert wirken und hin und wieder eine Spur zu viel nach der Eingängigkeit und dem Kommerz schielen.

 

Aber ich mag diese Band. Ich mag diese Art von Musik. Ich mag diese Platte. Sehr sogar. Ist wieder mal ein echtes Highlight, das sich eindeutig abheben kann.

 

 Ich hoffe sehr die Australier lassen sich auch mal hierzulande anschauen, wenn sich der ganze Wahnsinn wieder entspannt hat. Meine Neugier und ihre Melodien lassen mich das stark hoffen und geduldig erwarten.

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Kommentare: 1
  • #1

    Valentin (Sonntag, 30 August 2020 11:07)

    Servus Michi,

    schön geschrieben! :)

    Möcht dir noch was heimisches ans Herz legen! Spitting Ibex aus Wien, laut FM4 eine Urgewalt! Hirr zwei Singles. :)

    https://open.spotify.com/track/30JR4zaVHqrTevMToEqDGA?si=7rhCLVLzRICRbsBw1gCQBA

    https://open.spotify.com/track/4SrDy1LsyWfRIALmZzX1VO?si=NsIbl-HRSpm_31rktivhzg

    Lg,
    Valentin