· 

SON OF THE HOUND - DEBUTALBUM

"Cheers, Sound, Good Luck"

 

Seit ich mir einen alten Wunsch erfülle und in meinem eigenen Musikblog schreiben darf, erhalte ich hin und wieder Mails von Plattenlabels mit Infos und Ankündigungen, die mich jedes Mal sehr erfreuen. Zum Einen weil diese auf mich aufmerksam geworden sind, sie mich relevant zur Promo der Werke ihrer Künstler sehen und vor allem da ich so wieder auf neue Bands oder Platten aufmerksam werde. Dass ich selbstverständlich nur Teil eines vermutlich recht großen Verteilers bin, ist normal und tut meiner Begeisterung keinen Abbruch.

Unlängst erhalte ich wieder so eine Nachricht einer jungen Frau. Sehr persönlich spricht sie mich an und sendet mir eine Empfehlung eines Debutalbums, das laut ihrer Ansicht zu meinem Musikblog passen könnte. Mit sympathischen direkten Worten weckt sie meine Aufmerksamkeit und trifft mit der Beschreibung „alternativer Gitarrenpop aus Belfast“ auch gleich einen Nerv bei mir. Auf meine Nachfrage erfahre ich, dass die nette Unbekannte PR und digitales Marketing studiert und danach in dem Bereich im Musikbusiness arbeiten möchte. Das Material hat ihr der Sänger persönlich zur Verfügung gestellt, erzählt sie mir. Spannend.

Bereits ziemlich interessiert und neugierig, öffne ich die angehängte Pressemitteilung und lese diese aufmerksam. Es handelt sich bei diesem neuen Projekt um den Sänger Michael McCullagh, nicht zu verwechseln mit dem großartigen Sänger Ian McCulloch, der uns einst mit den legendären Echo & and the Bunnymen und danach auch auf Solopfaden mit wunderbaren Songs verwöhnt und begeistert hatte. Kurz verschwimmt der Pressetext im Nebel und schwelge ich schon wieder in meiner süßen Nostalgie der lange vergangenen, aber für mich niemals verblassenden 80er Jahre.

Bereits am Ende des ersten Absatzes des knapp auf einem A4 Sheet zusammengefassten Textes inklusive Foto des Sängers, der nachdenklich zu Boden blickt, lese ich den wunderbaren Satz, dass seine mittlerweile anscheinend schon zahlreichen Fans „Trost in der Romantik des Verlierens und Hoffnung im Versuchen finden“. Schöne Zeilen. Sowas spricht mich immer an. Und es geht in dieser Tonart weiter. „The Also Rans“, die Debutsingle wird als „nachdenklich und doch mitreißend“ als eine „kraftvolle Außenseiterhymne“ beschrieben. Weiter unten, dass man bei der ganzen Platte das Gefühl hat „lebendig, verängstigt aber doch hoffnungsvoll zu sein“. Wunderbar klingt das. Dass Vergleiche mit den kanadischen Ausnahme Musikern Arcade Fire gezogen werden, verstärkt mein Interesse. Bin nun schon echt gespannt.

Der nord-irische Troubador geht im Aufbau seiner Karriere anscheinend unkonventionelle Wege mit Mini-Webserie und einem eigenen Podcast, um seine Fans zu bedienen und das Debutalbum zu promoten, was ihm bereits über 100.000 Downloads einbrachte und seine Idee somit eindrucksvoll bestätigt. Sein Songwriting sowie textlichen Qualitäten scheinen die Menschen in Irland anzusprechen. Auch die große BBC hat ihn bereits gelistet und ist voll des Lobes. Am Ende ist der Link zur Soundcloud angehängt, um in das Debut, das am 3. April mit einem Album Launch Gig in Belfast erscheint, reinzuhören.

Und das will ich mittlerweile unbedingt und ich werde alles andere als enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Bereits die ersten Töne im Opener „Tonight, Tomorrow“ bahnen sich unvermittelt ihren Weg in mein Empfinden. Musik, Melodie und Atmosphäre erinnern mich an Coldplay oder das geniale „Starlight“ von Muse. Das kann man lassen. Als dann noch die schüchterne Stimme einsetzt und leidenschaftlich zu flehen beginnt, bin ich bereits vollends in den Bann und somit Song hinein gezogen. Druckvoll, einprägend und voller Gefühle. Vertonte Sehnsucht, die am Schluss zum hämmernden Schlagzeug und Piano mit gesungenem Seufzen im Hintergrund zu folgender Erkenntnis gelangt- „tonight it‘s hard to see tomorrow“. Ein verträumtes Klage-Lied mit viel Power und der angesprochenen Hoffnung. Genau diesen herzerwärmenden Pathos liebe ich so sehr. Eine super Nummer. So kann ein Album bzw. neues und ungewisses Hör-Abenteuer beginnen. Wirklich schön, sehr berührend, rührt mich fast zu Tränen. Passiert nicht so oft.

Es folgt die aktuelle und zweite Single mit dem positiven Titel „You are alive“, beispielhaft für die ganze Platte. Ein ausdruckstarker, eingängiger Song, der sowohl melodisch, vom Tempo aber auch Gesang das Gefühl zweier Gegenpole vermittelt, von unsicherer Melancholie, aber auch entschlossener Aufbruchsstimmung. „It‘s alright, it‘s ok“, vernehme ichlautstark, womit aus dieser Hoffnung unmittelbar entschlossene Gewissheit wird. Rock n’Roll feiner irischer Machart. Dem man auch irgendwie die grüne Insel, ihr Volk sowie Musikgeschichte anhört. Als wäre man gerade in einem der urigen irischen Pubs bei ein paar gepflegten Guiness hängen geblieben zu dieser flotten Feierabend-Trinkmusik. Wobei mir dieses Urteil dann doch etwas zu oberflächlich und eindimensional erscheint und auch nur einen Teil der Qualität abbildet.

Betrifft auch die bereits oben erwähnte erste Single „The Also Rans“ und viele weitere Stücke. Klassischer und sehr unterhaltender Britpop. Ich mag die immer wieder leicht brechende oder ausreißende Stimme des Sängers, wenn es ganz intense wird. Laut, jung, frech und fordernd, mit der sehnsüchtigen Melancholie im Unterton. Den Dialekt sowieso. Blur, Pulp und viele andere Meister aus der Hochblüte des Britpop in den 90er Jahren lassen grüßen, auch die guten alten Housemartins. Und dazu zaubert die Gitarre ihre Melodien in gelungener Ergänzung in das Zentrum dieser Klanggebilde. Und matcht sich manchmal mit dem rasanten Piano. Auch der Rest weiß zu gefallen. Allesamt leichte, euphorische, mit zum Himmel gestreckten Armen und erhobenen Hauptes vorwärts gerichtete Lieder, ein ums andere Mal.

Einmal fordernder und ungestümer, wenn ein wildes, US-punkiges „I wanna live“ zum Gitarrenriff ins Mikro gejagt wird, dann wieder in ruhigerem poppigen Fahrwasser. Auch das Schlagzeug prägt den Sound dieser Platte, der immer wieder durch ruhigere Gesangspausen gekonnt gebrochen wird, um wieder aufs Neue im Gleichschritt mit der dann schriller werdenden Stimme anzuschwellen und mächtig zu werden. Das süße „Where did your love go“ erinnert sehr an den leichtfüßigen Pop von Two Door Cinema Club, das ebenso herzige „Sing“ irgendwie an Travis, die auch einen gleichnamigen Titel in ihrem Repertoire ihr Eigen nennen. „Sing your song even no one is listening“, diese ermutigende Aufforderung Musik zu machen und unbedingt seinen Weg zu gehen, ist in diesem Falle wohl nicht mehr notwendig. Mit der schönen Hymne „All but the road“ endet das Vergnügen mit der zehnten und letzten Nummer und schließt sich abermals der Kreis ganz eindeutig Richtung Coldplay- oder Kings of Leon-Bombast.
Nicht alles ist umwerfend, aber richtige Schwachstellen sind auch nicht auszumachen. Hab das Erstlings-Werk nun schon mehrmals durchgehört und mich jedes Mal darauf gefreut. Und sie gefällt immer noch, eigentlich immer mehr. Ein starkes Debut. Ob der Mann damit oder überhaupt berühmt wird, ist schwer zu sagen und sicher von mehreren Faktoren abhängig. Talent hat er auf jeden Fall. Und einen wirklich mehr als ordentlichen Start. Respekt. „(big) Cheers, (great) Sound (and) Good Luck“, um den Albumtitel nochmals zu bemühen.

Danke für diese gelungene Initiative und Tipp! Hat sich wirklich ausgezahlt. Wieder was Gutes entdeckt und Musik, die angenehm berührt, mitreißt und Freude bereitet. Darum geht es auch. Ich kann die Platte auch ruhigen Gewissens weiter empfehlen. Vor allem den oben beschriebenen Opener oder Singles sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen und unbedingt geben. Echt Klasse!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0