Zurück zu alter Stärke mit neuem Album
Interpol zählt zu meinen absoluten Lieblingsbands der letzten beiden Jahrzehnte und nun weiß ich auch wieder warum. (Obwohl ich’s in Wahrheit zu keiner Zeit vergessen hatte.)
Back to the roots- mit dem neuen Album findet diese 1997 gegründeten New Yorker Indie Rock Band zurück in die Erfolgsspur. "Marauder", was mit Plünderer oder Räuber übersetzt wird. Anscheinend im eigenen Fundus. Denn es ist eine starke Rückbesinnung auf ihre Erfolge am Anfang ihrer Karriere. Auf ihre ersten beiden grandiosen Platten, erst 2002 und 2004 erschienen („Turn On The Bright Lights“, „Antics“), die ihren Stern am Indie Himmel hell und strahlend aufgehen ließen. Im Gegensatz zu der Grundstimmung ihrer Musik die eher als düster und schwermütig einzuordnen ist. Darin tummeln sich jedoch eine Fülle von großartigen Songs, denen eine tiefe Sehnsucht und morbid-romantische Stimmung inne wohnt. Eine ganz spezielle Stimmung erzeugt, die echt reinzieht. Viele mächtige Singles und weitere formidable Songs sprechen eine eindeutige Sprache und sorgten für rasantes Wachstum an der Fanbase.
Danach ließ wie so oft die Qualität der Alben leider etwas nach, ohne jedoch schlecht oder bedeutungslos zu werden. Diverse Anzeichen ließen auch Grund zur Sorge aufkommen, ob der langsame Untergang und Ende dieser feinen Gruppe nicht doch schon längst in Gang gesetzt wurden. Zunächst verließ der den Interpol Sound maßgeblich mitprägende Bassist Carlos „D“ Dengler nach Fertigstellung des vierten, schlicht „Interpol“ benannten und vermutlich schwächsten Albums in der Diskographie, aus persönlichen Gründen die Band. Des weiteren zunehmend Neben-Projekte des Sängers, beispielsweise unter dem Pseudonym „Julian Plenti“ oder zuletzt das mehr als gelungene Cross-over Projekt Banks&Steelz mit Wu-Tang Clan Rapper Großmacht RZA. Eine super Platte by the way, mit der mind-blowing Single „Giant“. Auch für unsereiner bzw. jeden, dem dieser Musikstil vielleicht nicht ganz so nahe steht. Und dann noch die Jubiläumstour ihres Debutalbums im Vorjahr, das oftmals mehr auf Abschied als auf Neustart hindeutet. Welche die Band übrigens aufgrund eines Konzertabbruchs wegen schweren Gewitters sogar zweimal kurz hintereinander nach Wien führte.
Darüber hinaus wuchs die ohnehin meist etwas längere Zeitspanne (2-3 Jahre) zwischen den Veröffentlichungen mittlerweile auf relativ lange 4 Jahre. Aber letztlich war das alles Makulatur, Spekulation, unnötig und ist (zum Glück) erstmal hinfällig. Denn wir dürfen uns nun wieder an einer neuen, sehr guten Interpol Platte erfreuen.
Schon die vorab auf den Markt geworfene Single „The Rover“ mit dem sehr zackig scharfen Gitarren-Stakkato war schon sehr vielsprechend. Und auch die zweite Auskoppelung mit Erscheinen des Langspielers, das melodisch poppige „If You Really Love Nothing“ ist nicht von schlechten Eltern. Weitere sehr starke Nummern finden sich auf dem neuen Werk, das insgesamt 11 Titel zählt, die beiden kurzen Instrumental-Füller schon abgezogen.
Und die Combo zeigt sich spielfreudig wie eh und je. Diese typische und unverkennbare Interpol-esque Gitarre schrammt, zupft und schneidet unaufhörlich. Abwechslungsreich und eindringlich. Einfach mitreißend. So gut, dass sich beim Zuhören beim Biken im schönen Wienerwald die Pedale geradezu automatisch bewegen bzw. sich die dazu unabkömmliche Oberschenkel-Muskulatur beinahe von selber kontrahiert.
Das Schlagzeug wie gewohnt als perfekte Ergänzung. Rhythmisch, konsequent und verlässlich. Vollendet durch die markante Singstimme von Paul Banks, dessen Beitrag ständig zwischen tiefen, sanften, düster flüsternden und hypnotisierenden sowie nasalen, hellen, fast schon schrillen und aufbegehrenden ans Falsett kratzenden Gesang hin und her schwankt. In seiner Gesamtheit sehr atmosphärisch, dicht und intensiv. So wie wir sie immer geliebt, geschätzt und gerne wahrgenommen haben. Es fließt wieder.
Als Anspieltipps für Neugierige empfehle ich neben den beiden starken Singles auf jeden Fall „NYSMAW“, die etwas gemäßigtere Reinkarnation des alten „Not Even Jail“, einer ihrer absoluten besten Songs, der extrem unter die Haut und durch Mark und Bein geht. Sehr coole Nummern- beide. Ebenso das hämmernde „Mountain Child“ oder das flotte, antreibende „Flight Of Fancy“. Genauso des Hörens wert „Complications“, das an eine jammende Gitarren-Session der genialen Libertines bzw. Pete Doherty erinnert. Sowie das gleitende und sich gemütlich ausbreitende „It Probably Matters“ am Ende der Platte.
Vielleicht fehlen im Vergleich zu früher die richtig markanten Nummern, aber alles in allem ist es ein aufgrund seiner durchgehenden Homogenität durchaus als sehr gut zu bezeichnendes Werk. Geschrieben und performt von einer besonderen Band mit alles anderem als „Slow Hands“.
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