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WE STILL BELIEVE...

Stets eine ganz persönliche Perspektive…

Jetzt ist sie schon fast wieder um diese WM. Zwar noch eine Woche, aber nur mehr 3 hochinteressante Spiele, wenn ich das mehr als bedeutungslose, aber trotzdem manchmal unterhaltsame Spiel um den 3. Platz nicht dazu zähle.

Gerade noch hatten wir den mega Stress, um möglichst viel mitzubekommen und möglichst wenig von den Spielen zu versäumen, die ohnehin nicht  immer so aufregend waren. Trotzdem möchte man ja mitreden und irgendwie möglichst viel sehen. Aber es gibt ja auch noch ein Leben abseits des Fußballs. Ja, das gibt es und bleibt trotz aller Hoffnungen und Bemühungen nicht still stehen, nur  weil ein paar Männer dem Ball hinterher jagen.

So viel nimmt man sich vor im Vorfeld. Da und dort zu schauen, unbedingt und überhaupt, vor allem wenn das Wetter schön ist. Mit vielen Freunden, die man immer gerne, aber doch viel zu wenig sieht. Doch eine schöne Gelegenheit so eine WM etwas mehr rauszugehen. Aber auch während einer WM hat der Tag nur 24 Stunden und kann man sich nicht drei-teilen. Somit bleiben so manche Vorhaben im Konjunktiv und ihrem Status treu, und eben leider unerfüllt.

Fußball ohne Ende in der Gruppenphase. Jeden Tag mindestens drei Spiele. Tagelang, herrlich, (Fußball-) Herz was willst du mehr? Dann gleich acht sehr spannende Entscheidungen im Achtelfinale. Und auf einmal sind sie da (und gleich wieder vorbei) die vier Viertelfinali, in denen es an zwei Spieltagen geblockt um fast alles geht. Hier stehen wir nun und warten gespannt auf die allerletzten Entscheidungen. Das Semifinale bei einer WM zu erreichen kann schon als riesiger Erfolg eingestuft werden und das zählt für alle Länder, Favoriten wie Underdogs. Und wenn man schon  einmal so weit vorgedrungen ist, will ein Spitzensportler natürlich alles und Jules Rimet, wie der WM Pokal im Original heißt, gen Himmel strecken, gleichzeitig im eigenen Land für alle Zeiten zum unsterblichen Helden werden.

Ich habs wieder mal verschrien (eine meiner Spezialdisziplinen im Fußball- echter Knofel- schrecklich), auch wenn diese Prognose das Aus der Zauberer vom Zuckerhut mal ausgenommen nicht allzu unwahrscheinlich war. Denn jetzt haben wir sie tatsächlich, die endgültige Metamorphose zur Europameisterschaft, was natürlich die ewigen Diskussionen über die Verteilung der Plätze an die Kontinente wieder aufflammen lassen wird. Europa ist sehr dominant, Südamerika dazu. Alle anderen halten da leider nicht ganz mit, weder von der fußballerischen Qualität, schon gar nicht von der Dichte. Aber es ist eine Weltmeisterschaft und das sollte sie auch bleiben. Deshalb passt das schon so. Ist ja auch immer wieder spannend die Entwicklung des Fußballs auf anderen Kontinenten (zumindest bei einer WM) mit zu bekommen und auch die eine oder andere neue Mannschaft/ Land näher kennen zu lernen.

Was kann ich noch über diese WM schreiben, was nicht schon zig-mal in den Medien verzapft wurde (mündlich und schriftlich) und die meisten von euch vermutlich eh selber gesehen haben? Ja stimmt, das Niveau war nicht allzu hoch, die Spiele nicht immer so aufregend. Oft haben taktische Überlegungen und aus Unterlegenheit resultierende Vorsicht zu einer sehr defensiven und destruktiven Spielweise eines Teams geführt. Worunter naturgemäß die Attraktivität eines Spiels und damit einhergehend die Begeisterung des Zusehers sehr gelitten hat. Die andere, meist bessere Mannschaft wiederum war zu behäbig und überwiegend ideenlos gegen die gut organisierten und geschickt verteidigenden Abwehrbollwerke. Viele Spieler wirkten auch etwas müde und ausgebrannt. Und das viel gepriesene und in der letzten Zeit so modern gewordene Gegen-Pressing bzw. Offensiv-Pressing scheint sowieso nicht durch den strengen russischen Zoll gekommen zu sein und fehlte komplett. Zumindest sind doch relativ viele Tore gefallen und auch teilweise sehr schöne. Immerhin endet auch nur ein einziges Spiel bisher torlos. Das war auch schon mal anders.
Viele meinen zu Recht die rechte Hälfte im Turnier Raster sei natürlich viel leichter, ohne die Leistungen der darin vertretenen Teams schmälern zu wollen. Zum Glück waren die Deutschen nicht in Form. Sonst wären sie auf diesem Pfad wohl ins Finale spaziert. Garantiert.

Und dass es viele Überraschungen gab, sind auch beliebte Kommentare zur WM, was ja auch grundsätzlich gut ist und das Interesse hoch hält. Wobei es bei genauerer Betrachtung gar nicht so viele waren. Ok, dass Deutschland so sang und klanglos die Segel streicht erwartet man nicht mal von dieser Mannschaft ohne Form. Die gewaltige Unruhe und Formverluste sind aber schon im Vorfeld nicht gänzlich verborgen geblieben. Auch Argentinien zählte nach der Quali und seiner Leistungen in den Testspielen absolut nicht zu den Top Favoriten. Ebenso wie Portugal. Und dass Kroatien eine sehr gute, homogene Mannschaft hat, war auch kein großes Geheimnis.

Denn in der Gruppenphase lief mit Ausnahme des deutschen Fiaskos und dass der durchaus starke, und einzig wirklich starke Vertreter aus Afrika, Senegal an der Fairplay Wertung und somit hauchdünn und ganz bitter an Japan gescheitert ist, sonst alles mehr oder weniger nach der Papierform und allgemeinen Erwartung.

Im Achtelfinale waren die Karten freilich neu gemischt und steigerten sich einige Teams gegenüber der Vorrunde direkt proportional mit den etwas schwächelnden Favoriten. Dies sorgte für durchwegs sehr spannende, wenn nicht immer hochklassige Spiele. Jedoch auch hier sorgte Spaniens „Sterben in Schönheit“ für die einzig wahre Überraschung. Was jedoch dem Gastgeber einen nun doch unerwarteten, aber sehr feinen Triumph ermöglicht hat. Beim Top Team aus dem Süden wurde man das Gefühl bis zuletzt nicht ganz los, dass dort die Luft gerade ein bißchen draußen ist, manche Spieler ihren Zenit leider überschritten haben, alles andere als frisch (nicht nur körperlich, auch mental) wirkten und sicher auch der kurzfristige Trainertausch das Seinige zu dem enttäuschen Abschneiden beigetragen hat. Sei’s drum. Neue Heldengeschichten treten sofort an Stelle der bisherigen.

Im Viertelfinale haben wir dann wieder einen Leckerbissen serviert bekommen. Brasilien gegen Belgien, ein vorweg-genommenes Finale. Und wie erwartet, wie erhofft, ein Superspiel. Das sind die Momente, die uns so mitreißen und für diesen Sport begeistern. Hohes Niveau, Dramatik pur und 22 (eigentlich noch mehr mit den Wechselspielern) Ausnahmekönner. Überhaupt mit Frankreich die drei mit Abstand besten Teams aktuell und bei dieser Weltmeisterschaft. Teams, nicht nur mit einem oder ein paar Superstars (siehe Argentinien oder Portugal) gespickt sondern fast ausschließlich, die allesamt auch im Kollektiv richtig stark und eingespielt agieren (siehe wieder die Antithese Argentinien). In allen Formationen. Vom Torhüter bis zum Torjäger. Vom Star-Trickser bis zum kampfstarken, unüberwindbaren Abräumer in der Abwehr. Top. Einfach nur Top. Und hohe Wertschätzung. Schade, dass einer von Belgien und Brasilien schon ausscheiden mußte. Schade drum. Aber so haben wir jetzt schon dieses dramatische Spiel vorzeitig genießen dürfen. Wer weiß was da noch kommt, ob das überhaupt noch zu übertreffen ist.

Im Schatten dieses Knallers haben sich zwei nicht ganz so überzeugende, aber sehr gefährliche Teams ins Semifinale vor gearbeitet. Die in der Vorrunde so starken, dann aber nur mehr im Elferschießen restlos überzeugenden Kroaten und good old England, mit viel Disziplin, Stabilität und Konsequenz. Ich freue mich darüber und trau mich sonst nichts dazu zu sagen. Außer…“We still believe!“

Interessant für mich auch immer wieder die Trainer zu beobachten. Ihr Auftreten, ihr Outfit, vom feinen, edlen Zwirn (was mir immer schon sehr getaugt hat) bis zum sportlichen Trainingsanzug, wild gestikulierend oder stoisch ruhig, emotional verzweifelt oder überlegt fokussiert, nervlich höchst angespannt oder verärgert, aufputschend oder kalmierend, an der Coaching Linie herumspringend oder nachdenklich schleichend, mit dem Schiri diskutierend, Spielern Anweisungen gebend… die haben echt einen brutalen Druck. Nicht zu beneiden. Und einige haben das auch zu viel gezeigt, was wiederum deren Eignung und Qualifikation für diesen Job in Frage stellt. Auch wenn das hart klingt. Es ist nun ein hartes Geschäft.

Dann noch unsere Fernsehkommentatoren. Ich möchte jetzt an dieser Stelle gar nicht ihre fachliche Kompetenz kommentieren oder zur Diskussion stellen, wenn auch da sicher Luft nach oben besteht, um es mal milde auszudrücken. Auch das ist ja schon zu einem Nationalsport bei uns verkommen- sich über unsere Kommentatoren fürchterlich aufzuregen. Auch das manchmal übertrieben. Aber kommt auch nicht von ungefähr, dass viele Zuseher zum deutschen Nachbarsender zappen, die meist höchstprofessionell und kompetent kommentieren, argumentieren, analysieren und interviewen und das Wichtigste- etwas erkennen bei heiklen Spiel-Situationen.

Was ich aber noch in dem Zusammenhang anmerken wollte und eigentlich sind wir daran selber schuld. Lange Zeit haben wir uns beschwert, dass sie zu wenig Emotionen zeigen und die Spiele zu langweilig begleiten. Aber... dieses ständige aufgeregte und narrische Herumgebrülle nervt mittlerweile ziemlich. Vor allem bei Szenen, die schon im Ansatz keine riesen Chance, Spannung oder Aufregung erkennen lassen bzw. gleich schnelle Entwarnung. Bitte etwas ruhiger bleiben. Auch wir fiebern mit und ertappen uns bei dem einen oder anderen aufgeregten Jubel-, Freudens-, Entsetzen- oder Ärger-Schrei oder gar Fluch auf Schiri oder Gegner. Klar gehört das auf jeden Fall dazu. Aber in dieser Funktion ist definitiv „weniger mehr“ Denn es tut manchmal schon richtig weh in den Ohren dieses ständige Gebrülle bei nicht mal Halbchancen (oder gar darunter).

Nochmals zum Video Schiri. Ich bleibe dabei und bin absolut dafür. Ich verstehe nur nach wie vor und eigentlich immer weniger die Vorgangsweise dazu. Was machen diese Leute im Kontrollraum und warum sind es eigentlich so viele? Kein Wunder, dass sie manchmal keine gescheite Meinung und Entscheidung finden, wenn da acht „Hanseln“ zum Diskutieren anfangen. Wie war das mit dem Sprichwort und den Köchen? Kennen wir ja aus unserem Leben auch zur Genüge. Und warum bitte lassen sie in einigen Situationen dann nicht wirklich einfach den Schiri entscheiden? Er kann immer noch die Fehlentscheidung oder eben auch die richtige treffen. Ich versteh‘s nicht. Die haben doch auch die Bilder, die wir sehen und machen trotzdem nix. Wie gibt’s das? Nun einige Male schon, zuletzt bei Brasilien- klarer geht’s doch nicht- zumindest mit 8 riesigen Bildschirmen, oder waren’s sogar noch mehr. Ich versteh’s einfach nicht…

Und noch was. Was ist mit den Designern bei den großen Sportausrüstern passiert? Wurden die alle entführt? Altersteilzeit? Wo sind sie geblieben? Ich hatte immer schon ein großes Faible für schöne Fußballdressen. Und mittlerweile hab ich mitbekommen, dass es da eine Menge Sammler auf der Welt gibt und vor allem originale „match-worn“ Trikots heiß begehrt und hoch gehandelt werden (teilweise sogar um richtig viel Geld). Aber wenn ich mir die Dressen bei dieser WM so ansehe, dann ist mein Urteil leider vernichtend, großteils schrecklich langweilig, farb- und einfallslos. Keine Kreativität, keine Besonderheiten. Schlichte Kragen, schlichte Ärmel, schlichte Schnitte, schlichte Farben, keine Muster oder sonstige Spezifikationen, sogar kaum Wasserzeichen oder ähnliches. Manchmal war selbst das einfache Unterziehleiberl schöner als das Dress. Geht leider gar nicht. Echt ein Jammer. Jammerschade.

Sogar die Kroaten mussten zwischendurch auf ihr schönes weiß-rot kariertes Muster verzichten, ebenso wie die immer schön himmelblau-weiß leuchtenden Argentinier auf fade dunkel-blaue Trikots ausweichen. Und Belgien, die oft so superschöne Bekleidung hatten, sind zu einem kleinen relativ einfallslosen unpassenden Karo Muster auf der Brust, das wie ein verirrter alter Burlington Socken aussieht, verkümmert. Auch sonstige stilsichere Garanten wie Spanien, Frankreich, Uruguay (diese Farbe!), Brasilien oder England wenig überzeugend. Und alle Anderen haben auch keineswegs damit gepunktet. Wenn dann auch noch die Ober-Poser und Designer aus Italien nicht dabei sind, bedeutet das den worst case. Manche sind sogar schrecklich unattraktiv, sorry, Russland und das passiert ausgerechnet dem Veranstalter. Gibt es da gar neue Vorgaben der FIFA, möglichst schlicht, einfach und langweilig, wundern würde es mich nicht. Schade, auch das gehört irgendwie dazu. Für mich zumindest.

Und um mit Nirvana zu sprechen: Never mind, zwei interessante, explosive Semifinal-Spiele stehen uns bevor und England ist dabei! Come on, three lions!

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