Vier besondere, sehr geschätzte Bands mit neuen Platten, die unterschiedlicher nicht sein könnten...und doch so manches verbindet...
Ich kann mir gut vorstellen, dass es da draußen Einige von euch gibt, die so ähnlich ticken wie ich, wenn es sich um eine der ehemalig sehr verehrten Bands dreht, die uns einst so begeistert und in ihren Bann gezogen haben. Wenn man die Hoffnung lange nicht aufgibt, geduldig wartet und es lange nicht wahrhaben will oder sich eingestehen kann, dass die Zeit einer Band vorbei bzw. der Zenit längst überschritten ist und gar der Fall in die bittere Bedeutungslosigkeit oder das endgültige Ende naht. Echt hart ist das. Jedes Mal. Beispiele gibt’s genug (von Snow Patrol über Travis oder Coldplay bis zu den Killers, nur beispielhaft angeführt).
Aktuell könnte dies unseren „Lieblings-Musik-Kaiser“ von Franz Ferdinand widerfahren. Die schottischen ehemaligen Kunststudenten, die unsere Indie Herzen in der Mitte der Nuller-Jahre mit spritzigem und kreativem wie originärem Pop im Sturm erobert hatten und steil empor stiegen. Zuletzt und eigentlich schon seit langer Zeit ist da aber nicht mehr viel gekommen und ziemlich ruhig geworden. Nun geben sie ihr kleines Comeback mit neuer Besetzung (zwei neue Mitglieder) und neuer Platte. Im Gegenzug dazu hat Gründungsmitglied Nick McCarthy die Band verlassen. Der Songschreiber, der in Bayern aufwuchs und seine Gitarre wie kaum ein Anderer so hoch oben umgeschnallt hatte, als wäre es eine Ziehharmonika, um noch schneller seine zackigen Riffs in die gespannten Saiten zupfen zu können.
Österreichs langjähriger Musiker und Journalist in der Außenstelle London Robert Rotifer meinte (so in der Art), dass Franz Ferdinand einer der wenigen übrig gebliebenen erwachsenen Britpop Bands wäre, die man noch hören kann, womit ihm in der Indie Gemeinde nicht nur ungeteilte Zustimmung zuteil wurde. Gleichfalls von mir.
Das neue Album ist zwar ambitioniert, manche Ansätze nicht schlecht, aber der Funke springt nicht wirklich über bzw. ist stark genug, um ein loderndes Feuer entfachen zu können. Wie damals in der Anfangszeit. Die Synthesizer übernehmen immer wieder die Melodieführung. Und mit der gelungenen neuen Single „Always Ascending“ haben sie anscheinend ihre Liebe zur 80er Disco entdeckt und der Loop würde sich nahtlos in das (ur)alte „Stars on 45“-Medley einreihen können, ohne dabei groß aufzufallen. Ansonsten nicht so viel Neues im Kaiserhaus. Die Songs sind im klassischen Franz Ferdinand Stil angelegt, ohne jedoch an den alten Esprit heranzukommen. Am ehesten reichen sie noch an alte Brillanz heran, wenn sich Keyboard und Gitarren perfekt ergänzen und gemeinsam mit dem, wie immer einwandfrei, singenden Alex Kapranos zu einem fetzigen Song vereinen, wie in der Single „Feel the love go“ oder auch "Glimpse of love". Aber wenn die eher softe Nummer „The Academy Award“ nach den voran geführten Singles schon den nächstbesten Song darstellt, so ist das nichts Schlimmes, aber auch irgendwie bezeichnend.
Der schmerzliche Verlust der ehemaligen Hingabe geht gar soweit, dass ich zunächst erst durch Zufall auf das bevorstehende Wien Konzert
aufmerksam wurde und nun überlege es sogar gänzlich (und freiwillig) auszulassen. Und dies obwohl Franz Ferdinand Shows üblicherweise eine gute Performance erwarten lassen. Früher hätten wir
keine Sekunde gezögert und den Termin wochenlang vorher im Kalender rot angestrichen. Aber manche Gefühle lügen halt einfach nicht und sind auch nicht zu leugnen...
Die Musikkritiker überschlagen sich mit wahren Lobeshymnen zur neuen Platte des avantgardistischen New Yorker Elektro-Künstler-Duos aus New York. Wie gewohnt sind Journalisten hellauf begeistert, wenn sich eine Band verändert, von bisherigen Erfolgen abwendet und Neues ausprobiert, aus Gewohnheiten und Bewährtem ausbricht und sich sozusagen neu erfindet. Beinahe schon ein reflexartiger Automatismus diese Reaktion der schreibenden Experten. Schön und gut. Mut gehört auch belohnt und sollte auch stets wertgeschätzt und honoriert werden. Aber nicht immer ist alles gut, was innovativ und experimentell ist.
Der Vorbote zum vierten Studio Album, die gleichnamige Single mit dem düsteren, schweren Sound und dem monoton verzerrten Gesang, war vielversprechend. Ein richtiger „Grower“ wie unsereins gerne zu sagen pflegt, wurde mit jedem Mal hören besser. Die übrige Platte ist jedoch ganz anders. Und „anders“ ist ein gutes Wort, um das Ganze zu beschreiben. Sehr ungewöhnliche, schräge, kreative, kuriose, auch originelle Titel, Klänge und Melodien. Die Grundstimmung der Songs ist überraschend positiv und fröhlich, richtiggehend beschwingt, was nicht immer zu den Texten und Themen passt...und von „Dark Age“ auch keine Spur mehr.
Ein nicht gerade nettes „Go fuck yourself...I'm gonna eat your heart out“ wird einem in der komischen, aber unterhaltsamen Single „When you die“ in ganz freundlichem, fast schon liebevollem Gesang zu sanfter, harmonischer Melodie ins Gesicht geschleudert oder besser gesagt zart gerieben. Ein bizarrer Gegensatz- wohl bewusst?! Die Computer machen vorwiegend die Musik und erzeugen ganz spezielle Töne und Tonfolgen. Das größte Asset dieses eigenwilligen und verspielten Duos.
Manches wirkt schon fast so, als würden sich die beiden über die Ernsthaftigkeit der Musik einfach nur lustig machen wollen, als würden sie manchmal sogar ihre eigenen Lieder persiflieren. Und dies dennoch auf eine ganz besondere Art. Der schnulzige Refrain der Single „Me and Michael“ (die ursprünglich „Me and my girl“ hätte heißen sollen) klingt wie die Untermalung eines schlechten, und mehr als kitschigen, antiquierten Liebesfilms.
Und dann ist es im Handumdrehen wieder hochwertiger Elektronik Pop. Richtig schlau wird man daraus nicht. Lässt sich auch gar nicht so leicht einordnen und definieren. Aber muss ja auch nicht immer sein. Kann mir ebenso vorstellen, dass diese Platte in diversen Kreisen auch ganz gut ankommt.
Ich persönlich, aus meinem subjektiven Blickwinkel, hätte mir schon wieder die eine oder andere Nummer mehr in der Preisklasse von „Kids“, „Time to pretend“ oder auch der Single gewünscht, „Sich-neu-erfinden“ und künstlerische Innovationen und Experimente hin oder her. Man kann alles übertreiben...
BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB „Wrong Creatures“
Neues Album der rauhen, aber formidablen und angesehenen US Indie Rockband aus Kalifornien, die sich so großer Wertschätzung in der Szene erfreut. Nach ganzen fünf Jahren Wartezeit.
Und der Start ist fulminant. Nach dem kurzen Instrumental Opener geht es gleich ordentlich zur Sache. Ultra cool krachen die Gitarren rhythmisch und hypnotisierend, im Verbund mit dem Schlagzeug, bei den beiden sehr bezeichnend benannten „Spook“ und „King of Bones“ aus den Boxen und packen einen sofort. Die Gitarren sind einfach Hammer. Richtig geiler (Indie-) Rock N’Roll.
Es folgen zwei langsamere Stücke, die unter die Haut gehen, vor allem das berührende und wundervolle „Echo“ mit dem anschwellenden Gitarrensound und hymnischen Refrain. Schon alleine wegen diesen ersten Songs, lohnt es sich diese Platte zu besitzen bzw. zu hören.
Der Rest des insgesamt zwölf Lieder starken Albums schrammelt dann in feinster BRMC-Manier schwer und psychodelisch dahin. Und das ausgiebig, denn fast jeder Titel läuft mindestens über fünf bis sogar sieben Minuten (über-) lang. Stets mit ruhigeren Tönen beginnend, um sich allesamt langsam zu lauter kleinen Mini-Epen aufzubauen und in tosendem Gitarrenwirbel ihren Höhepunkt zu finden. Was dem Werk allerdings leider doch etwas den anfänglichen „Drive“ und Schwung nimmt.
So als würden sie in einem Art heiligen Ritual den Rock-Gott anbeten und huldigen, immer und immer wieder. Dabei zählen sie in gewisser Weise selber schon zu diesem Olymp. Wie immer erinnert das Dargebotene in vielerlei Hinsicht an die ebenso sehr geschätzten The Jesus and Mary Chain. Insgesamt wieder ein sehr starkes und feines Album, das nicht alles, aber wirklich einiges hergibt...
THE WOMBATS „Beautiful People Will Ruin Your Life“
Diese Band mit dem lustigen Namen zählte einst zu den ganz großen Britpop Hoffnungen ihrer Heimat. Mit ihrem genialen Debut „A guide to love, loss and desperation“ (proudly presented) rund um den mega Indie Hit „Let’s dance to Joy Division“, mit der dem Titel folgenden kreativen Songzeile „...and celebrate the irony, everything is going wrong, but we’re so happy“ (über eine geschichtsträchtige, ganz besondere Band, die mit dem Suizid des Sängers Ian Curtis ein tragisches Ende fand).
Auch sonst eine Nummer nach der anderen ein echter Kracher, frech und ungeschliffen, überzeugend. Flotter, zünftiger und erfrischender Power-Pop mit Wortwitz und feinstem britischen Akzent. Hoher Partyfaktor. Von den drei jungen Engländern aus der berühmten Musik-Metropole Liverpool, mit ihren wilden Wuschelköpfen, engen zerrissenen Hosen, die der britischen Pop-Kultur und großen Vorbildern in den schmutzigen Straßen mit den Häusern aus altem Backstein nacheifern. Feiner Gitarrenpop mit eingängigen, kurzweiligen Songs mit einfacher Struktur und dem üblichen Aufbau: Strophe-Refrain-Strophe-Refrain. Eine klassische Britpop Band, wie sie im Buche steht.
Die legitimen Erben von den berühmten Vorreitern (und bestimmt großen Vorbildern), den Upper-class-heroes von Blur mit Großmeister Damon Albarn. Sehr starke Ähnlichkeiten im Stil sind da auszumachen. Auch die beiden Nachfolge-Werke waren dann recht ordentlich und unterhaltsam.
Und über zehn Jahre später mit dem neuen, vierten Album, sind sie diese Hoffnung irgendwie immer noch. So viel kommt ja mittlerweile aus England leider auch nicht mehr nach. Selbst wenn die aktuelle Veröffentlichung nicht ganz überzeugt, doch etwas zu viel (eher gewöhnliches) Füllmaterial beinhaltet. Die drei Singles gleich in Folge am Beginn („Lemon to a knife fight“, „Cheetah tongue“, „Turn“) begeistern, reißen sofort mit. An ihnen ist es in keinster Weise gelegen. Der Rest fällt jedoch eher ab. Ein großes Album ist es somit nicht geworden.
Und doch hat sie etwas diese Combo, das sie nach wie vor interessant und besonders macht. Und deshalb dürfen wir uns auf das baldige Wien Konzert freuen, da Charakter, Stil, Musik und Singles dieser Band live bestimmt für mächtige Stimmung sorgen werden. Auch das ist ein persönliches Gefühl (nachdem ich sie noch nie live erleben durfte), und gleichfalls an dieser Stelle hoffe ich, dass es mich nicht (ent)täuschen und sich als falsch heraus stellen wird...
Und während ich so diese Zeilen tippe...freue ich mich gleichzeitig bereits sehr auf die kommenden neuen Platten, meiner so sehr geliebten und wunderbaren Editors (9.3.)- nur mehr wenige Tage...auf in den Plattenladen!- so excited!, der frechen tanzbaren The Vaccines (30.3.) und The Fratellis (9.3.), der guten alten
Manic Street Preachers (6.4.), der träumerischen The Boxer
Rebellion (23.3.), sowie der großartigen Interpol, Muse, Arctic Monkeys, The 1975 (allesamt tbd)...und was da noch alles so kommen mag in nächster
Zeit...
Als weitere treue Begleiter und Soundtracks of my
life...
Cheers!
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